Tag 143: The End - Cape Reinga

06:21 Mela 1 Kommentare

Noch 12 Kilometer!

Er ist da. Der Tag auf den wir seit Monaten hin arbeiten. Der Tag an den wir in unerreichbarer Ferne dachten, um uns aufzuraffen und noch ein bisschen weiter zu laufen.

Wir stehen um 6 Uhr, im Dunkeln, auf und hängen die "Happy Birthday"-Girlande für Jake auf. Ein Ständchen gibt es als er von der Toilette zurück kommt.

Wir laufen bei Dämmerung los. Die Landschaft ist abwechslungsreich.

Noch 10 Kilometer.

Schließlich sehen wir endlich den Leuchtturm. Die letzten 6 Kilometer und wir sind bei Cape Reinga angekommen.

Unsere Beziehung hat sich auf dieser Wanderung nicht verändert. Sie ist nur noch etwas mehr gewachsen. Und ich bin dankbar, dass ich Henning hatte. Es ist schön die Erinnerungen mit jemandem teilen zu können. Die Guten und die Schlechten. Allein hätten wir dieses Abenteuer nicht durchziehen wollen oder können und es wäre wesentlich härter gewesen.

Diese Wanderung war schwierig und anstrengend und sehr, sehr hart! Aber sie war auch wunderschön, atemberaubend und voller netter Menschen.

Wir haben etwas Erstaunliches geschafft. Wir hatten uns in den (Dick-)Kopf gesetzt Neuseelands Te Araroa zu wandern und es dieses Mal zu Ende zu bringen. Und dann haben wir genau das getan. Wir haben die Länge Neuseelands erwandert. Zu Fuß.

3000 Kilometer in mehr als 5 Monaten.
143 Tage; davon 117 gelaufen und 26 Tage zum erholen.

Berge, Täler, Flüsse, Bäche, Matsch, Schnee, Felsbrocken, Tussock-Gras, Strand, Wald, Vulkane, Asphaltstraße, Schotterstraße, Gestrüpp, Felder, Weiden, Seen, Städte, Sumpf - Denk dir etwas aus und wahrscheinlich sind wir durch so eine Landschaft gelaufen.  Manche Bäche so kalt, dass wir unsere Füße nicht mehr spürten. Manche Aussichten so gigantisch, dass man dachte man könne nie mehr unglücklich werden. Viele Abschnitte so schwierig, dass sie mir Angst machten. Strände so schön, dass ich wünschte sie würden niemals enden.
Und wir liefen einfach immer weiter.

Das Wetter war zum Teil schrecklich. Wir dachten Neuseeland will uns umbringen, nur um uns dann wieder mit Sonnenschein aus der Hütte hervorzulocken.

Wir schliefen 42 Nächte in den phantastischen Hütten des neuseeländischen Backcountry. 38 Nächte haben wir gezeltet.

Wir haben geflucht, gelacht, geschwiegen, geschwitzt, geredet, wurden verkratzt, verbrannt, halb ersäuft vom Regen, wurden eingeladen, aufgepeppelt und beschenkt, vom Schnee überrascht, bekamen Elektroschocks aus Weidezäunen, erlitten Schmerzen und Blasen, feierten Erfolge, fielen hin und standen wieder auf. Rutschten. Blieben hängen an Gras, Bäumen, Felsen, Steinen, Zeltschnüren, Zeltheringen, Sträuchern, Lianen, Dornen und sogar an Trailmarkierungen.

Wir mussten durch dicken Nebel und auch mal durch die Nacht wandern. Wir liefen an verzauberten Bäumen vorbei.
 
Wir lernten großartige, interessante und inspirierende Menschen kennen. Wir erfuren große Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft, die uns - obwohl wir schon davon gehört hatten - überrascht hat.
Endemische Vogelarten lernten wir lieben.
Wir sahen die unendlich vielen und hellen Sterne der südlichen Hemisphäre. Die Sonne wanderte über Norden in den Westen und der Mond nahm an den verkehrten Stellen zu und ab.

Laufen ist langsam, Laufen ist intensiv, Laufen ist einfach.

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